Die Ursprünge des Audi 90
Die Wurzeln des Audi 90 reichen zurück in die Mitte der 1970er Jahre, als Audi an der zweiten Generation des Audi 80 arbeitete. Schon damals hatten die Ingenieure eine Vision: Den kompakten Audi 80 mit den kraftvollen Fünfzylinder-Motoren aus dem Audi 100 Typ 43 auszustatten.
Als der Audi 80 Typ 81 im August 1978 vorgestellt wurde, war davon noch nichts zu sehen. Doch hinter verschlossenen Türen entstanden bereits wegweisende Prototypen – darunter das Audi Coupé und der ikonische Ur-Quattro.
Ein echter Meilenstein: Eine Audi-80-Limousine wurde umgebaut, um Allradantrieb und den Turbo-Fünfzylinder aus dem Audi 200 zu testen. Dieses Einzelstück war der Startschuss für eine neue Ära – und vermutlich das erste Modell der Baureihe mit diesem legendären Motor.
Der Urquattro als Grundstein
Mit dem Ur-Quattro, ausgestattet mit einem 200 PS starken Fünfzylinder-Turbomotor, veränderte Audi die Rallye-Welt. Seine bahnbrechende Allrad-Technologie sorgte innerhalb kürzester Zeit für Aufsehen und brachte Audi an die Spitze der Rallye-Weltmeisterschaft.

August 1980: Audi 80 CD5S – Der Fünfzylinder erobert neue Märkte
In Ländern mit besonders strengen Abgasvorgaben wie der Schweiz und Schweden kam der Audi 80 auch mit dem Fünfzylinder-Motor und einer Bosch K-Jetronic-Einspritzung auf den Markt – eine Premiere, die den Audi 80 noch vielseitiger machte.
Oktober 1980 - Audi Coupé GT 5S
Im Oktober 1980 trat das Audi Coupé GT5S mit einem 115 PS starken Fünfzylinder-Vergasermotor auf den Plan. In der Schweiz und Schweden war das Coupé sogar mit Benzineinspritzung erhältlich, was den sportlichen Charme des Fahrzeugs noch verstärkte.
August 1981: Audi 80 CD5S – Luxus trifft Leistung
Erstmals in Deutschland gab es den Audi 80 auch mit dem leistungsstarken Fünfzylinder-Vergasermotor aus dem Audi Coupé. Kombiniert mit einer luxuriösen Ausstattung, bot er ein außergewöhnliches Fahrerlebnis.
März 1982: Audi Coupé GT5E – Mehr Power für das Coupé
Audi reagierte auf den Wunsch nach mehr Leistung und brachte das Audi Coupé GT5E auf den Markt. Mit 130 PS und der K-Jetronic-Einspritzung wurde das Coupé noch sportlicher und zog zahlreiche Fans an.
August 1982: Audi 80 Quattro – Allrad für den Massenmarkt
Mit dem Audi 80 Quattro setzte Audi auf den Allradantrieb für die breite Masse. Der 136 PS starke 5E-Motor in Kombination mit Allradantrieb überzeugte und brachte den sportlichen Charme einer Limousine auf ein neues Level.
August 1983: Audi 80 Quattro / CD5E / Coupé GT5E 2,0 – Die Spar-Quattro-Generation
Für alle, die einen etwas sparsameren Allradantrieb wollten, gab es den Audi 80 Quattro auch mit einem 115 PS starken Fünfzylinder-Einspritzmotor. Der neue Motor galt als besonders harmonisch und rund und ersetzte gleichzeitig den Vergasermotor des Audi Coupé GT und des Audi 80 CD.
Modelljahr 1985: Der kluge Schachzug von Audi
Zu Beginn des Modelljahres 1985 setzte Audi einen klugen Schritt, der die Automobilwelt aufhorchen ließ. Im Zuge eines umfassenden Facelifts, das den Audi 80 optisch stärker an den aerodynamischen Audi 100 anpasste, erfolgte eine entscheidende Modellaufspaltung. Die bisherige Audi-80-Baureihe wurde in zwei Klassen unterteilt: Der klassische Audi 80 war fortan nur noch mit 4-Zylinder-Motoren zwischen 60 und 112 PS erhältlich, während die leistungsstärkeren 5-Zylinder-Modelle, wie der Audi 80 CD5E und der Audi 80 Quattro, nun unter dem neuen Namen Audi 90 zusammengefasst wurden.
Die Einführung des Audi 90 war kein Zufall. Audi positionierte das Modell geschickt zwischen dem Audi 80 und dem größeren Audi 100 und setzte es als direkten Konkurrenten zum BMW 3er und Mercedes 190 an. Im Gegensatz dazu stand der Audi 80 im Wettbewerb mit den weniger prestigeträchtigen Modellen wie dem Ford Sierra oder Opel Ascona. Um die klare Trennung zwischen Audi 80 und Audi 90 optisch zu untermauern, setzte Audi auf ein markantes Design.
Der Audi 90 präsentierte sich mit einer neu gestalteten Front, die auf das bereits erfolgreiche Konzept des Audi 100/200 setzte. Breitband-Doppelscheinwerfer, Blinker und Nebelscheinwerfer, integriert in eine in Wagenfarbe lackierte Frontschürze, gaben dem Audi 90 einen markanten, aber zugleich eleganten Auftritt. Ein durchgehendes Heckleuchtenband und breite Zierleisten aus gebürstetem Edelstahl, die sich über die Stoßfänger zogen, verstärkten den hochwertigen Eindruck. Aber nicht nur die Optik war neu – auch die Aerodynamik profitierte von den neuen, leicht abgeschrägten Scheinwerfern und den aerodynamischen Stoßstangen. Die verbreiterten Seitenschweller gaben dem Audi 90 ein bulligeres Erscheinungsbild und verbesserten gleichzeitig den Luftwiderstandsbeiwert, was sich positiv auf die Fahrleistung auswirkte.
Mit einer Top-Motorisierung von 136 PS erreichte der Audi 90 sportliche 200 km/h und spielte damit in einer höheren Liga. Der neue Vorderwagen des Audi 90, der mit dem ebenfalls überarbeiteten Audi Coupé geteilt wurde, führte bei vielen zu der fälschlichen Annahme, es handele sich um ein „Audi 90 Coupé“. Doch der Audi 90 war weit mehr als nur ein sportliches Modell – er war das Symbol für Audis Anspruch, im gehobenen Mittelklasse-Segment zu glänzen.
Audi 90 – Mehr als nur eine Form: Ein Meisterwerk der Weiterentwicklung
Ursprünglich von Giorgio Giugiaro entworfen, erhielt die Audi-80-Karosserie unter der Leitung von Hartmut Warkuss ein aufregendes Upgrade. Besonders die Heckpartie wurde radikal überarbeitet und näher an den eleganten Audi 100/200 angelehnt. Die absenkte Ladekante und die neue Kofferraumklappe, die nun von praktischen Öldruckdämpfern gehalten wird, steigerten nicht nur die Funktionalität, sondern auch den optischen Reiz. Der Kofferraum selbst war mit fast 500 Litern nach VDA-Norm einer der größten seiner Klasse – ideal für alle, die nicht nur sportlich, sondern auch praktisch unterwegs sein wollten.
Für den nötigen sportlichen Look sorgten die Vollblendenräder, die aus dem Audi 100 bekannt waren, während gegen Aufpreis edle Aluminium-Speichenfelgen erhältlich waren.
Luxus im Innenraum – Audi setzt Maßstäbe
Audi ging auch im Innenraum keine Kompromisse ein. Die Mittelkonsole, Türtaschen und Dichtungen wurden mit weichem Velours bezogen, was dem Audi 80 eine edle Note verlieh. Die Sitze, ausgestattet mit Kensington-Velours, konnten auf der Fahrerseite in der Höhe verstellt werden, während die Rückbank mit einer ausklappbaren Armlehne und vier Kopfstützen für zusätzlichen Komfort sorgte.
Die Ausstattung war auf höchstem Niveau: Zentralverriegelung, Drehzahlmesser, eine neu gestaltete Mittelkonsole, ein Lichtwarnsummer und elegante Schalter harmonierten perfekt mit einem Armaturenbrett, das nicht nur funktional, sondern auch hochwertig wirkte. Ein besonders Highlight: Die verbesserte Verarbeitungsqualität, bei der klapperndes Hartplastik der Verwendung von edlen, aufgeschäumten Kunststoffen weichen musste.
Für eine besondere Atmosphäre sorgte die Nachtbeleuchtung: Die Armaturen und Schalter erstrahlten in einem angenehmen roten Licht, das den Innenraum in ein stilvolles Ambiente tauchte und den Audi 80 zu einem echten Wohlfühlort machte.
Neue Motoren, mehr Power
Bereits in der Serienausstattung war der Audi 90 für damalige Verhältnisse gut ausgestattet. In der Einstiegsversion fehlte allerdings vielen Kunden die Servolenkung, die von den meisten gegen Aufpreis mitbestellt wurde, ebenso wie der Außenspiegel rechts. Entschied man sich für die 2,2-Liter-Motorisierung, bekam man diese Features gleich ab Werk mitgeliefert. Durch eine umfangreiche Liste mit aufpreispflichtigen Mehrausstattungen konnte der Käufer den Preis seines Audi 90 schnell in die Höhe treiben. So kam man bei einem gut ausgestatteten Audi 90 Quattro schnell auf einen Kaufpreis, für den man auch zwei Audi 80 bekommen konnte.
Die Einstiegsmotorisierung war das bereits seit 1983 aus dem Audi 80 CD5E und dem „Sparquattro“ bekannte und geschätzte 2,0 Liter Triebwerk mit 115 PS Leistung. Der angenehm abgestimmte Motor war im Audi 90 allerdings nicht mehr in Kombination mit dem quattro-Antrieb zu haben – die Verkaufszahlen des „Sparquattros“ waren zu niedrig und der Abstand zu den neuen Audi 80 Quattro mit 90 und 112 PS starken Vierzylindermotoren zu gering. Somit blieb für den Audi 90 quattro nur der aus dem alten Audi 80 quattro übernommene Fünfzylinder mit 136 PS. Dieser Motor wurde für den Einsatz im Audi 90 allerdings gründlich überarbeitet. Der Hubraum wuchs von 2,1 auf 2,26 Liter und leistete nun seine 136 PS bei 5700 U/min. Erstmalig gab es im Audi 90 diesen Motor auch mit Frontantrieb.
Audi 90 quattro – Der unauffällige Allrad-Champion
Auf den ersten Blick könnte man den Audi 90 quattro leicht für einen „normalen“ Audi 90 halten. Doch bei genauem Hinsehen entdeckte man die feinen Details, die den Allradler von seinem Fronttriebler-Zwilling unterschieden. Die Zierleisten in Chrom-Optik waren einem matten Schwarz gewichen, und über den Kühlergrill, das Heck und die hinteren Dreiecksscheiben verteilt, prangten dezente „quattro“-Schriftzüge, die subtil auf den leistungsstarken Allradantrieb hinwiesen.
Ein Detail, das viele erst beim zweiten Blick bemerkten, waren die Heizdrähte in der Heckscheibe, die clever zu einem „quattro“-Schriftzug geformt waren. Doch die auffälligsten Unterscheidungsmerkmale fanden sich an der Karosserie: Der in Wagenfarbe lackierte Heckspoiler und die sportlichen Doppelendrohre gaben dem Audi 90 quattro seinen markanten Auftritt.
Im Innenraum spiegelte sich die sportliche Ausrichtung des Audi 90 quattro wider. Die serienmäßigen Sportsitze in Brighton-Gewebe boten nicht nur Komfort, sondern auch hervorragenden Seitenhalt. Unterhalb des Radios befand sich der typische quattro-Schalter, mit dem die beiden Differentialsperren aktiviert werden konnten – ein echtes Alleinstellungsmerkmal des Quattro-Systems. Die Version mit den digitalen Zusatzinstrumenten für Öltemperatur und Batteriespannung blieb jedoch dem Coupé quattro und dem Audi 4000 CS quattro vorbehalten.
Technische Rafinesse - mehr als nur Allrad
Der Audi 90 quattro war weit mehr als nur ein gewöhnlicher Audi 90 mit Allradantrieb. Technisch gesehen war er so stark vom Fronttriebler-Modell abgewichen, dass er sogar eine andere interne Typenbezeichnung trug. Während die Fronttriebler-Modelle als Typ 81 liefen, trug die Allrad-Version die Bezeichnung Typ 85. Der Grund lag in der geänderten Bodengruppe, die Platz für die Kardanwelle und eine spezielle Auspuffanlage bot.
Auch der Radstand war bei der quattro-Version etwas kürzer. Ein genauer Blick auf das Fahrzeug verriet es: Das Hinterrad war nicht mittig im Radkasten positioniert, sondern leicht nach vorne versetzt. Ein kleines, aber feines Detail, das den Audi 90 quattro von seinem Frontantrieb-Pendant abhob.
Audi 90 mit Katalysator-Technik – Ein Schritt in die Zukunft der Abgasreinigung
In den frühen 80er-Jahren herrschte in Deutschland eine hitzige Diskussion über den „sauren Regen“ und das Waldsterben. Der Autoverkehr galt als Mitverursacher der zunehmenden Umweltprobleme, da neben den Schwefeloxiden auch die Stickoxide in den Fokus gerieten. 1984 entschloss sich die Bundesregierung zu einem entscheidenden Schritt: Ab 1989 sollten alle neu zugelassenen Fahrzeuge mit Ottomotor einen geregelten Katalysator erhalten, um die Emissionen drastisch zu reduzieren.
Bereits ab August 1985 stellte Audi den Audi 90 mit Katalysator-Technik vor und folgte damit dem Trend, die Umweltbelastung durch Autos zu minimieren. Die Ingenieure ersetzten die rein mechanische K-Jetronic durch die fortschrittlichere, teilelektronische KE-Jetronic von Bosch. Das Ergebnis war ein abgasgereinigter Motor, der im Audi 90 satte 115 PS leistete – und im Audi 90 Quattro sogar 120 PS. Dabei war diese Motorisierung keineswegs neu für Audi. In den USA, Kanada und Japan hatte der Konzern diese Technik schon aufgrund strengerer Abgasvorschriften erfolgreich eingesetzt.
Im Februar 1986 zog Audi nach und stellte auch eine Katalysator-Lösung für das 2-Liter-Modell des Audi 90 vor. Hier kam ein ungeregelter Katalysator mit Abgasrückführung zum Einsatz, der zwar die Leistung auf 113 PS reduzierte, dafür aber weiterhin den aktuellen Umweltanforderungen gerecht wurde. Es war ein weiterer Schritt in Richtung umweltfreundlicherer Autos, die in der Übergangsphase steuerliche Anreize für die Nachrüstung und den Kauf von schadstoffarmen Fahrzeugen erhielten.
Mit diesen Änderungen stellte Audi nicht nur seine Verantwortung gegenüber der Umwelt unter Beweis, sondern sorgte auch für ein zukunftsweisendes Fahrzeug, das sowohl den aktuellen als auch zukünftigen Abgasnormen gerecht wurde. Der Audi 90 mit Katalysator-Technik war damit nicht nur ein Fahrzeug, das sportlich und leistungsstark war, sondern auch einen bedeutenden Beitrag zum Umweltschutz leistete.
Audi 90 Turbodiesel – Der Diesel-Start mit Stil
In den 80er-Jahren sorgte die neue Definition der Schadstoffgrenzwerte für einen regelrechten „Diesel-Boom“ in Deutschland. Diesel-Pkw galten plötzlich als „bedingt schadstoffarm“ und profitierten von attraktiven Steuervorteilen. Audi reagierte schnell und schickte im Februar 1986 den Audi 90 Turbodiesel ins Rennen. Mit einem Einstiegspreis von 28.440 DM war er nicht nur der günstigste Audi 90, sondern zugleich die teuerste Diesel-Version mit Vierzylindermotor aus dem gesamten V.A.G.-Sortiment – ein echtes Alleinstellungsmerkmal in der deutschen Automobilwelt.
Der Audi 90 Turbodiesel war in dieser Form ausschließlich für den deutschen Markt gedacht. In Ländern mit höherer Diesel-Akzeptanz wie Italien war das Modell bereits ab Oktober 1984 erhältlich. In Deutschland fand sich unter der Motorhaube der gleiche 70 PS starke Turbodiesel-Motor, der auch schon im Audi 80 zum Einsatz kam. Damit teilte der Audi 90 Turbodiesel nicht nur seine Technik, sondern auch das Schicksal eines Nischenmodells – trotz der steuerlichen Anreize blieb er mit gerade einmal 4.067 gebauten Exemplaren eine seltene Erscheinung.
Bereits zwei Jahre nach seiner Einführung, im Juli 1986, war der Audi 90 Turbodiesel nur noch eine Übergangsvariante. Der Nachfolger des Audi 90, der Typ 89, ließ auf sich warten und wurde erst im Mai 1987, neun Monate nach dem neuen Audi 80, auf den Markt gebracht. Für die nordamerikanischen Märkte lief die Produktion des älteren Modells, bekannt als Audi 4000, jedoch noch bis März 1987 weiter. Der Audi 90 Turbodiesel war damit ein kurzes, aber markantes Kapitel in der Geschichte des Audi 90 – ein Symbol für den aufkommenden Dieseltrend und den Innovationsdrang der Marke.
Audi 90 / Audi 4000 – Ein strategischer Erfolg im Export
In nur drei Jahren rollten beeindruckende 109.070 Einheiten des Audi 90 vom Band. Doch während nur rund 20% dieser Fahrzeuge – also etwa 20.430 Stück – für den deutschen Markt bestimmt waren, ging der Großteil, 88.640 Fahrzeuge, in den Export. Besonders die USA profitierten von der limitierten Verfügbarkeit und nahmen viele Exemplare als Audi 4000 auf.
Audi hatte mit dieser Strategie ein meisterhaftes Geschäft gemacht. Die clevere Aufteilung der Baureihe ermöglichte eine gezielte Höherpositionierung der Audi-90-Modelle, was den Absatz der höherpreisigen Varianten ankurbelte. Gleichzeitig blieb der Absatz der Topmodelle des Audi 80, wie der CD, GTE und Quattro, stabil. Der Audi 90 und seine Exportversion, der Audi 4000, machten dabei einen erheblichen Teil des Gewinns aus – trotz des geringeren Produktionsanteils. Denn obwohl nur etwa 20% der Fahrzeuge als Audi 90 verkauft wurden, trugen sie fast ein Drittel zum Gewinn der gesamten Baureihe bei.
Der Audi 90 - Woher kommt der Name?
Es war ein sonniger Nachmittag, als ein junger Mann Mitte 20 um meinen Audi 90 Quattro herumging. Nachdem er mich als Besitzer erkannt hatte, kam er neugierig auf mich zu und fragte: „Audi 80 kenne ich, den Audi 100 auch. Aber Audi 90 – den habe ich noch nie gehört. Gab’s den wirklich, oder ist das ein Fake?“ – Ja, der Audi 90 gab es tatsächlich, und zwar länger, als viele glauben.
Doch woher stammt eigentlich der Name „Audi 90“? Die Antwort führt uns weit zurück in die Geschichte von Audi und sogar zu einem anderen Automobilhersteller: Porsche. Im Jahr 1959 brachte Porsche das Modell 356 mit einem 90 PS starken Motor auf den Markt, das in einer Zeit, in der viele noch mit Käfern oder skurrilen Rollermobilen unterwegs waren, als echtes Kraftpaket galt. Um die Spitzenleistung dieses Modells hervorzuheben, bekam es den Namen „Super 90“.
Zur selben Zeit baute die Auto Union unter der Marke „DKW“ Autos der unteren Mittelklasse. 1964 übernahm Daimler-Benz die Auto Union, die dann von VW weitergeführt wurde. Ab 1965 rollte unter dem wiederbelebten Namen Audi ein modernes Fahrzeug vom Band, das ursprünglich auf dem DKW F102 basierte. Dieses Modell war der erste Audi nach dem Krieg, der mit einem Viertaktmotor ausgestattet war. Der erste Audi, damals mit 72 PS, trug schlicht den Namen „Audi“ – schließlich war er das einzige Modell in der Produktpalette.
1966 folgten verschiedene Varianten dieses Modells mit unterschiedlichen Motorisierungen, und um sie besser unterscheiden zu können, wählte man eine Namensgebung nach der PS-Zahl. So entstand der Audi 80 mit 80 PS, und ab 1967 gab es das Luxusmodell mit 90 PS, das den Namen „Super 90“ erhielt – eine direkte Anlehnung an das Porsche-Modell von 1959, um auch hier die sportliche Ausrichtung zu betonen. Dieser Audi Super 90 wurde bis 1971 rund 50.000 Mal gebaut und war lange das Topmodell von Audi, bis der Audi 100 1969 das Ruder übernahm.
Ein interessanter Fakt: Der erste Audi 100-Prototyp, der 1966 heimlich von Audi-Cheftechniker Ludwig Kraus entwickelt wurde, trug ebenfalls die Modellbezeichnung „Audi 90“ – und das, obwohl der VW-Konzern Audi in dieser Zeit strikte Entwicklungsverbote auferlegt hatte.
So wurde der Name „Audi 90“ nicht nur ein Erbe der sportlichen Porsche-Modelle, sondern auch ein Teil der markanten Audi-Geschichte – und ein Symbol für Innovation und Leistung.
Audi 90: Vom Audi 80 zum sportlichen Klassiker
In den mittleren 70er Jahren stand bei Audi eine große Veränderung an. Der Nachfolger des Audi 80 Typ 82 wurde in Ingolstadt entwickelt und sollte ab August 1978 die Straßen erobern. Der Audi 80 Typ 81 war nicht nur größer – er war auch deutlich breiter und länger als sein Vorgänger, und zwar um stolze 13,8 cm in der Länge und 8,2 cm in der Breite. Der neue Audi 80 setzte optisch ein klares Statement und kam einer höheren Fahrzeugklasse näher als je zuvor. Um dieser Weiterentwicklung gerecht zu werden, erwog Audi sogar, das Modell unter dem Namen „Audi 90“ auf den Markt zu bringen, um sich zwischen dem etablierten Audi 80 und dem erfolgreichen Audi 100 zu positionieren. Doch aus marktwirtschaftlichen Gründen blieb man schließlich beim Namen „Audi 80“ – und das trotz der spürbaren Neuausrichtung des Fahrzeugs.
Schon 1979 kursierten erste Gerüchte in der Fachpresse über ein geplantes Coupé-Modell auf Basis des Audi 80 Typ 81, das von einigen Magazinen sogar als „Audi 90 Coupé“ gehandelt wurde. Der Hype um den Audi 90 war geboren.
Die endgültige Einführung der Modellbezeichnung „Audi 90“ erfolgte im August 1984, als die Typ-81/85-Baureihe eine umfassende Modellpflege erfuhr. In diesem Zuge wurden die Vierzylinder- und Fünfzylindermodelle voneinander getrennt, um das Modellangebot besser auf die Bedürfnisse des Marktes abzustimmen. Die Vierzylinder blieben weiterhin als Audi 80, während für die Fünfzylindervarianten der neue Name „Audi 90“ gewählt wurde. Die Modellbezeichnung fügte sich nahtlos in die bestehende Audi-Palette ein und brachte frischen Wind in das Sortiment. Der erste Audi 90 blieb bis zum Modellwechsel im April 1987 in Produktion und setzte dabei ein klares Zeichen für den Beginn einer neuen Ära bei Audi.
Auch im Modelljahr 1987, beim Wechsel auf den Typ 89, blieb diese Namensstrategie bestehen: Die Vierzylindermodelle wurden als Audi 80 und die Fünfzylindermodelle als Audi 90 angeboten. Eine Ausnahme bildete der Turbodiesel, der sowohl in der 80er- als auch in der 90er-Variante erhältlich war.
Erst 1991, mit dem Start der vierten Generation der B-Baureihe, wurden die Bezeichnungen wieder vereinfacht und die Modelle unter der gemeinsamen Bezeichnung „Audi 80“ zusammengefasst. Doch die Geschichte des Audi 90 war noch nicht vorbei. In den USA und Kanada trug das Modell bis 1987 den Namen Audi 4000. Erst mit dem Modellwechsel auf den Typ 89 wurde der Audi 90 auch dort offiziell eingeführt.
Besonders bemerkenswert ist die Verbindung des Audi 90 mit der Motorsportgeschichte: Für die amerikanische IMSA GTO Rennserie wurde der beeindruckende Audi 90 IMSA GTO entwickelt, ein 720 PS starkes Fahrzeug, das die Überlegenheit des quattro-Antriebs auf spektakuläre Weise demonstrierte.
Doch wie so oft, änderte sich auch bei Audi alles mit der Zeit. 1994 verschwand der Name „Audi 90“ endgültig, als der Audi 80 in die neue Ära des Audi A4 überging. Der Audi 90 blieb in Erinnerung als ein Symbol für den sportlichen Aufbruch und die Weiterentwicklung der Marke Audi – ein Klassiker, der die Geschichte der Marke maßgeblich prägte.
Audi 90 Quattro: Seltene Juwelen und die Herausforderung der Ersatzteilversorgung
Die quattro-Modelle von Audi sind heute echte Sammlerstücke. Besonders die Varianten wie der Urquattro und der Audi 80 quattro mit Fünfzylinder-Motor haben in den letzten Jahren die Preise in schwindelerregende Höhen getrieben – und der Audi 90 quattro macht da keine Ausnahme. Gute Exemplare sind mittlerweile nur noch zu fünfstelligen Preisen zu haben. Doch warum sind diese Modelle so begehrt? Es ist nicht nur die Kombination aus Allradtechnik und sportlichem Design, sondern auch ihre Geschichte, die sie zu wahren Klassiker-Must-haves macht.
Allerdings hat der Audi 90 quattro – im Gegensatz zum sportlicheren Coupé – nicht alle Tuning-Exzesse der 90er Jahre überlebt. Als das Modell älter wurde und von Dritt- oder Fünftbesitzern übernommen wurde, war es oft der Fall, dass der Wartungsstau größer war als die Pflege. Viele Autos wurden „ausgenutzt“, teils mit „zeitwertgerechten“ Reparaturen – ein euphemistischer Ausdruck für schlechte oder improvisierte Arbeit. Der hohe Verbrauch und die komplexe Allradtechnik machten die quattro-Modelle in der Zeit der Gebrauchtwagen eher unbeliebt. Häufig wurden sie als Winterautos oder Zugfahrzeuge genutzt, was ihre Lebensdauer nicht immer förderte.
Eine zusätzliche Herausforderung ist die Ersatzteilsituation. Manchmal scheint es, als würden Teile vom Markt verschwinden, vor allem, wenn sie rar und schwer zu finden sind. In den letzten Jahren haben einige „falsche Fans“ diese Situation genutzt, um vorhandene Teilebestände zu kaufen und sie dann zu überhöhten Preisen als „die letzten Teile“ im Internet anzubieten. Wer also auf der Suche nach Ersatzteilen ist, sollte vorsichtig sein, besonders wenn Anbieter damit werben, dass dies die letzte Gelegenheit sei, ein bestimmtes Bauteil zu bekommen.
Fazit: Der Audi 90 – ein Klassiker mit Charakter und Herausforderungen
Der Audi 90, besonders in der seltenen quattro-Variante, ist weit mehr als nur ein Fahrzeug. Er steht für eine Ära, in der Audi sich als Marke für innovative Technik und sportlichen Anspruch etablierte. Mit seinem unverwechselbaren Design, der hochwertigen Verarbeitung und der leistungsstarken Motorenpalette ist er heute ein begehrter Klassiker – sowohl für Sammler als auch für Enthusiasten.
Doch der Weg zu einem gepflegten Audi 90 ist nicht ohne Hindernisse. Die oft schwierige Ersatzteilsituation und die teils fragwürdige Historie vieler Fahrzeuge erfordern Geduld, Fachwissen und die Bereitschaft, Zeit und Geld in die Suche nach Originalteilen und eine fachgerechte Wartung zu investieren.
Trotzdem lohnt sich der Aufwand: Der Audi 90 ist nicht nur ein Zeugnis für den technologischen Fortschritt der 80er Jahre, sondern auch ein Garant für puren Fahrspaß – besonders mit dem ikonischen quattro-Antrieb. Wer sich der Herausforderung stellt, wird mit einem Klassiker belohnt, der auf der Straße ebenso beeindruckt wie in der Garage.